Ein Photo von Daniel Kothenschulte.

DANIEL KOTHENSCHULTE: “Kinokrise - Chance des Films?”

23.03.2022 / 18:00 - 20:00

Moderiert von Prof. Sandra Hacker (Film)

Mittwoch, 23. März 2022, ab 18.00 Uhr online

Webex-Link: https://fh-dortmund.webex.com/wbxmjs/joinservice/sites/fh-dortmund/meeting/download/9d28da47a56f4977aae24e806b1983f0?siteurl=fh-dortmund&MTID=ma243809c957871d6b6e306a329bc98b2 

Abstract: 

Das Kino ist zurück. Aber ist es noch dasselbe? Kann man etwas, das rund 125 Jahre lang allgegenwärtig war, so einfach aus- und wieder anschalten wie eine Projektorlampe? Und sind wir diesem Kino noch dasselbe Publikum? Können wir einfach so wieder hineinspazieren als wären wir niemals weg gewesen? 

Während der vierten Phase der Covid-19-Pandemie durchlebte die Filmbranche eine der schwersten Krisen ihrer Geschichte. Verleiher zogen geplante Kinostarts zurück. Der natürliche Austausch von Filmproduktion und Publikum war unterbrochen und mithin auch die Zukunft der Kinokultur, wie wir sie kennen. Auch wenn staatliche Hilfsprogramme die meisten Filmtheater über die schwierige Zeit retten sollten, ist ihre Zukunft ungewiss. Sehgewohnheiten verändern sich, und schon vor der Corona-Krise litten die Kinos unter der neuen Konkurrenz der Streamingdienste. 

Die Dramatik der Lage zeigt der Blick auf die kommende Oscar-Verleihung am 28. März: Die gefeierten Favoriten wie „Licorice Pizza“, „West Side Story“ und „King Richard“ machten hohe Verluste, der Film mit den meisten Nominierungen, „The Power of the Dog“ kommt von Netflix.

Nun ist Medienwandel ein konstantes Phänomen in der Kulturgeschichte. Schon als ich als Teenager in den 80er Jahren meine ersten Filmkritiken schrieb, sahen manche das Ende des Kinos kommen. Doch weder die Unkenrufe des britischen Filmemachers Peter Greenaway noch der liberalisierte TV-Markt, Video und DVD, nicht einmal die Digitalisierung haben das Kino zu Fall gebracht. Erst die Pandemie und der gleichzeitige Aufschwung der Streaming-Kultur gaben mir eine Ahnung von einer Welt ohne Kino. 

Tatsächlich waren Kinokrisen stets auch Chancen. Aus der Kritik am Studiokino der Nachkriegszeit entstanden, Neorealismus, Nouvelle Vague und der Autorenfilm, aus dem Untergang der Hollywoodindustrie das New Hollywood. Das Publikum vollzog einen Generationswechsel. Birgt auch diese Kinokrise eine Chance für den Film?
Diese Standortbestimmung versucht eine Momentaufnahme von Kino und Film mit dem Blick auf jene Weichen in die Zukunft, die man vielleicht noch justieren kann. Dazu gehört natürlich auch eine Bestandsaufnahme dessen, was das Kino heute noch bedeutet.

Daniel Kothenschulte:

Geboren 1967 in Porz (heute Köln); studierte Kunstgeschichte, Theater-, Film- und Fernsehwissenschaft und Germanistik in Bochum und Köln. Schon als Schüler erste Kulturkritiken für den Kölner Stadt-Anzeiger, während des Studiums Arbeit als freier Feuilleton-Autor, unter anderem für „film-dienst“, „Die Zeit“, F.A.Z. 2001 – 2002 Anstellung als Filmredakteur der Frankfurter Rundschau, seither freier Journalist und Buchautor. Auszeichnungen: Preis für Visuelle Filmkritik des Bundesverbandes Kamera, 2003. Siegfried-Kracauer-Preis (lobende Erwähnung, 2020; Stipendium 2022) 

Buchveröffentlichungen (Auswahl) Nachbesserungen am amerikanischen Traum. Der Regisseur Robert Redford. Marburg 1998; Die Zukunftsruine. Metropolis 2010 – Fritz Langs restaurierter Klassiker. Köln 2010 mit Robert Nippoldt: Hollywood in den 30er Jahren. Hildesheim 2010; als Herausgeber und Mitautor: The Walt Disney Film Archives. The Animated Movies 1921–1968. Köln 2016; deutsche Ausgabe: Das Walt Disney Filmarchiv. Die Animationsfilme 1921–1968. Mickey Mouse, The Complete History, Köln 2019 (deutsch: Mickey Mouse, Die komplette Chronik).